Samstag, 7. April 2012

Die Angst, verlassen zu werden

Heute haben wir wieder einen Teil vom Garten umgegraben und als die Männer fertig waren, dachte ich, ich schleiche mich auch hinaus und pflanze ein paar Blümchen ein. Außerdem hatte ich schon sei ewigen Zeiten dekorative Glasdeko für den Außenbereich vorrätig, da sah ich nun eine gute Gelegenheit, diese zwischen den frisch eingepflanzten Blümchen zu platzieren. 
Ich hatte nicht mit dem Großen gerechnet. 
Undeutlich hörte ich im Vorgarten Geschrei. Klang so, als käme es aus dem Wohnzimmer. Ich versuchte, nicht unruhig zu werden - manchmal trotzt er doch noch sehr und weint dann, wenn er sich nicht mehr anders zu helfen weiß.
Das ging gute zwei Minuten so. Dann erschien mein Mann auf dem Balkon, das Baby auf dem Arm, den hysterischen Großen im Schlepptau, dem die Nase schon lief und die Tränchen die Wangen herunter kullerten - sofort schmiss ich die Unkrautharke hinter mich und sprintete in schlammbespritzten Schuhen die weißen Fliesen hinauf ins Haus. Rückblickend nicht unbedingt klug, die Fliesen putzen sich nicht von allein und braune Schuhabdrücke auf weißen Fliesen schauen nicht sehr hübsch aus. Aber mein Kind brauchte mich, da sind solche Schönheitsmakel Nebensache!
Erleichtert sprang der Große mir auf den Arm und küsste mich ab. An sich ist er kein so anschmiegsames Kerlchen, das war für ihn also ein eher ungewöhnliches Verhaltensmuster. 
"Oh Gott, hat er sich was getan?!", frage ich meinen Mann sofort, suche automatisch das Kind mit den Augen nach blutenden Wunden ab und versuche, den panischen Ton aus meiner Stimme zu bekommen. Doch der Gatte schüttelt nur erschöpft den Kopf. "Er hat dich einfach vermisst", sagt er traurig. 
Momentan hat der Große - das konnte ich aus mehreren geschnieften Schluckaufsätzen heraushören - Angst, ich könnte nicht zurück kommen, wenn ich weggehe. Wenn er dagegen weggeht - zum Beispiel mit dem Papa zum Duschen - ist das was anderes, denn er weiß ja, dass er wieder kommt. Wenn ich aber weggehe, weiß er nicht, ob ich wieder komme. Und davor hat er ganz doll Angst. 
Ich ging also mit dem Großen, der sich irgendwo zwischen meiner Schulter und meinem Bauch hysterisch an mir festgekrallt hatte, wieder nach draußen, räumte mit ihm auf dem Arm die Gartensachen weg und putzte mit ihm auf den Knien die braunen Flecken vom Boden. Mittlerweile hat er sich wieder beruhigt. Aber baden gehen durfte ich nicht. Das war ihm dann doch zu viel. 
Ich bin gespannt, wie lange diese Phase andauert. Vieles bei Babys und Kleinkindern sind Phasen und so wird auch diese Verlustangst vorbei gehen. Aber nachdenklich macht es mich doch irgendwie. 

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