Mittwoch, 28. August 2013

Großstadtfieber

Am Wochenende war es wieder soweit: ich ließ meine Familie für ein paar Stunden hinter mir und fuhr zu meiner Freundin in die Großstadt. 

Merkwürdig ist es, nach so langer Zeit wieder die altvertrauten Straßen zu durchwandern. Dort vorne ist der Kiosk, wo ich früher meine Zeitschriften kaufte. Der Pächter hat längst gewechselt, nun ist den Räumlichkeiten ein türkischer Obst- und Gemüsehändler untergebracht. 
Da vorne ist der Coffee Shop, wo ich mir vor der Arbeit gerne mal eine wachmachende Köstlichkeit mitnahm. 
Und dort vorne habe ich meinen Mann das erste Mal geküsst. 

Es ist seltsam aufregend, all die Plätze nun aus der Distanz zu sehen. Ich nehme mir an diesem Tag viel Zeit, bummle über die Einkaufsmeile, probiere verschiedene Sachen an und genieße es, dass es nur um mich geht. Niemand will an meiner Hand gehen oder zupft an meinem Ärmel, um mir etwas zu zeigen. Ich bin alleine, lasse mich in der Menge treiben, weiche Frauen mit Kinderwägen aus und muss grinsen: sonst sind es die anderen, die mir Platz machen, wenn ich mit den Kids komme. Und ich denke dann immer: ach, wie gut haben es die Kinderlosen. Die sind viiiel schneller am Ziel als ich! Doch nun kommt mir der Gedanke, dass all diese Frauen vielleicht gar nicht kinderlos waren. Sondern nur einfach ihre Kinder nicht dabei hatten. So wie ich an diesem Tag. 

Später sitze ich bei meiner Freundin auf dem Balkon. Wir quatschen bis spät in die Nacht über alles mögliche - Politik, gemeinsame Bekannte, unsere Ausbildung, unsere Männer. Kein Thema ist tabu, zu allem fällt uns etwas ein. Es ist so, als hätten wir uns erst gestern das letzte Mal gesehen - und nicht so, dass es schon wieder ein ganzes Jahr her ist, seit wir so zusammen saßen.

Am nächsten Tag geht es wieder heim zu meinen Lieben. Zu dritt stehen sie im strömenden Regen am Bahnhof und ich sauge ihren Anblick förmlich in mich auf. Irgendwie habe ich sie ja doch ganz schön vermisst und habe viel zu erzählen.
Wenn die Kinder größer sind und mich nicht mehr so brauchen, werde ich meine Freundin bestimmt öfter besuchen. Doch für den Augenblick reicht mir dieser eine Tag im Jahr, um mein Großstadtfieber zu kurieren.

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